Schönheitsfleck
Anfang Sommer 2004 lud mich der Zillertaler Daniel Kopp ein, in seinem Tal eine neue Linie von unten einzurichten.
Daniel erkundete die Wand (Eurer Köpfe Nordwand, bei der Kasseler Hütte im Stillupptal) bereits zuvor. Dennoch wussten wir nicht, was uns erwarten wird. Dadurch wurde vorsorglich reichlich Material wie z. B. 3 Seile, Haulbag, Bohrmaschine, Friends, Bohrhaken, Schlaghaken mitgenommen.
Bei der 2-tägigen Aktion gestalteten wir den ersten Tag als einen Materialtransport- und Wanderkundungs-Tag. Am zweiten Tag wollten wir die Route bis zum Top durchstiegen haben. Ob sich eine Rotpunkt-begehung noch am selben Tag ausging, erst am nächsten Tag oder erst viel später blieb vorerst noch offen.
Wir legten Wert darauf, die Route nicht einzurichten, sondern eine schöne Linie durch diese Wand zu ermöglichen. Dadurch wurden nur dort Bohrhaken gebohrt, wo es notwendig war. Alle Stände sind jedoch mit Bohrhaken ausgestatten, von denen man super abseilen kann.
Bereits beim Erkunden der Wand stellten wir
fest, dass die zweite Länge sicherlich
die schwierigste werden wird. Durch alle anderen
Wandbereiche führen markante Linien - hps.
Verschneidungen. Nach der ersten Länge
ist eine Verschneidung jedoch unterbrochen und
wir hofften, eine Linie durch diese steile Platte
zu finden (siehe Topo).
Wir richteten die Route in Wechselführung ein. Daniel platzierte einen Friend nach dem anderen in der ersten Länge. Mit Friends eine super abgesicherte 5+ Länge.
In der zweiten Länge war ich am heissen Seillende. Eine Köpflschlinge und ein Friend liessen mich das Dach erreichen. Doch ohne Bohrhaken traute ich mich nicht, über die Dachkante zu steigen - beim Erstbegehen von unten weiss man halt schlecht, wie schwers dann wird und ob eine Absicherungsmöglichkeit kommt. So belastete ich den Friend und sog ganz vorsichtig die Bohrmaschine rauf. Es stellte sich später heraus, dass der Übergang vom Dach in die Platte die Schlüsselstelle der Route sein soll.
Ganz motiviert kletterte ich vom Bohrhaken weg, auf der Suche nach einer Grifffolge, die mich weiter nach oben leiten wird. Den Blick immer nach Löchern oder Rissen gerichtet, die, richtig gebraucht, einem den Sturz verringern sollen. Nach ca. 3-4 Metern über dem Bolt und ohne Aussicht auf leichteres Gelände oder solchen Sturzverminderungsfelsstrukturen war ich gezwungen an einem Skyhook hängend die Bohrmaschine wieder anzuwerfen.
Nach Setzen des Bohrhakens ging die Reise ins
Land des Abenteuers weiter: In der gesamten
Platte war kein mobiles Absicherungsgerät
unterzubringen. Wieder 3 Meter über dem
letzten Bolt und vor einer sichtlich sehr schwierigen
Stelle konnte ich nicht anders und musste dem
Skyhook wieder mein Gewicht anvertrauen. Doch
leider ließ sich in diesem leicht überhängenden
Bereich keine waagrechte Kante oder etwas anderes
finden, was mein Gewicht nach unten halten konnte.
Mit immer mehr aufgepumpten Armen versuchte
ich auf einer schiefen Leiste den Skyhook schief
zu belasten. Einfach reinhängen war nicht
drin - aktiv musste ich mit Körperspannung
verhindern, dass ich nach links rauspendle,
damit der Skyhook nicht abrutscht. In dieser
Position versuchte ich einen zweiten Hook weiter
rechts zu setzen. Wenn dann beide belastet werden,
dann halten sie sich gegenseitig - so mein Plan.
Vorsichtig wurde der zweite Hook auf Reibung
auf eine Nase gehängt - und belastet. Ahh
fein - dachte ich. Ein plötzlicher Ruck
und ich drehte nach links ......... Der zweite
Hook hielt nicht. Nur wenige Zentimeter vor
dem Abrutschen des ersten Hooks konnte ich den
Pendler nach links abfangen - und es ein zweites
Mal probieren... Dieses Mal hiel er, wodurch
ich den nervenberuhigenden Bohrhaken setzen
konnte.
Weitere 3 Meter anspruchsvolle Kletterei bis zum Stand und die Schlüssellänge war geschafft.
Die nächsten Längen folgen immer logischen Linien - meist Verschneidungen und lassen sich super absichern. Die Kletterei ist ein wahnsinn: superrauher, verwaschener Granit ohne Flächten und superfest. Nur selten liegen lose Blöcke rum.
Über die Route kann super abgeseilt werden,
da an den Ständen nur Bohrhaken mit Ring
gesetzt wurden bzw. einmal ein Karabiner hängt.
Interessierte Wiederhole können sicher ruhig an mich wenden! Viel Spass!
Gallerie: