Drus nord couloir, Chamonix, Frankreich

Am 28. April 2005 machten wir uns auf nach Chamonix, um dort an dem markanten Berg "Drus" das "nord couloir" zu klettern. Adam schlug diese Tour vor. Seine Beschreibung war wie folgt:

- Zustieg mit der Bahn auf 3300Meter und dann 1,5 Stunden nach unten zum Einstieg
- Schlafen im Zelt am Einstieg auf ca. 2800Meter
- Tour: 900 Höhenmeter; davon:
  . 300m Eis bis 55 Grad
  . 100m mixed, leicht
  . 200m Fels, bis VII, gut mit Schlaghaken abgesichert
  . 2 Seillängen Eis bis 85 Grad
  . 200m Eis bis 60 Grad - zum Gipfel
- Abstieg: 2,5 Stunden nach unten zum "Mer de Glace" dann mit Lift raufzu Zug und mit Zug runter nach Chamonix. Dann mit Bus zurück zum Auto.

Wir planten 3 Tage: 1. Tag Zustieg am Nachmittag. 2. Tag Klettern. Falls wir zu spät / zu fertig sind, so wollten wir nochmals im Zelt übernachten und dann erst am 3. Tag zurück kommen. Es könnte sich jedoch auch in 2 Tagen ausgehen - so die optimistische Planung.

Klingt nach einer perfekten Tour, wo Kletterei im Vordergrund steht und Zu-/Abstieg easy sind - dies sollte jedoch zum Grundbestandteil der Tour werden :-(

1. Tag: 15:00 Abfahrt mit dem Lift von Argentier rauf auf 3300Meter. In der Mitte muss man umsteigen. Mit der zweiten Bahn kommen "only aplinists" bis ca. 17:00 mit. Guter Dinge machten wir uns an den "Abstieg zum Einstieg". Nach einiger Zeit merkten wir, dass alles sehr schwerfällig ging. Der Rucksack war zu schwer, die Sonne heizte extrem, sodass wir tief im nassen Schnee versanken. Überall donnerten Nassschnee-lawinen runter. Wir registrierten, dass ein Zustieg nur unter extremen Kraftanstrengungen möglich ist UND wir uns großer Lawinengefahren aussetzen würden, wenn wird weiter bis zum Zeltbiwak gehen würden. Wir entschlossen uns, an der Liftstation auf 3300Meter zu übernachen und am nächsten Morgen den Zustieg zu machen - der Schnee sollte dann gefrohren sein (leicht zu gehen) und Lawinen sollten keine mehr runter kommen.

2. Tag: 08:00 morgen. Da wir nun einen extra Tag benötigen, brauchen wir Nahrungsmittel für diesen zusätzlichen Tag. Adam fuhr daher mit einer der ersten Bahnen nach unten. Um ca. 10:30 gings dann los.

Auf der Schattenseite der Berge seiten wir eine 100Meter-Rinne ab und querten unterhalt steiler Hänge den Gletscher. Der Schnee war jedoch nur auf ca. 3cm gefrohren, sodass wir ständig einbrachen. Anstatt den 1,5Stunden benötigten wir ca. 3. Punktlich vor dem Lawinen-orchester erreichten wir den (lawinensicheren) Biwakplatz.
Ich kam mir vor wie bei "Ochs am Berg". Jedesmal, wenn die Sonne schaut, darf man sich nicht mehr bewegen, da es zu gefährlich / zu anstrengend wird. Im Zelt suchten wir Schutz vor der sengenden Sonne, das sich wie ein Glashaus aufheizte - wir wollten ja nicht wegen Sonnenbrand die Tour abbrechen müssen...

3. Tag: 01:00 nachts. Mit Stirnlampen machten wir uns auf den Weg. Am Abend des Vortages ging noch eine grosse Lawine am Wandfuss runter, sodass wir am harten Schnee leicht zum Einstieg gelangten. Die Gletscherschrunt (Randspalte) war kein Problem. Die nun folgenden 300Meter waren super zu klettern - bis 55 Grad; immer guter, fester Schnee bzw. Eis. Wir kletterten seilfrei, um Zeit zu sparen; sichern wäre auch nur bedingt möglich gewesen. Gott sei Dank langte das Licht meiner Stirnlampe nicht die ganzen bereits gekletterten Meter runter (brrr...).
Danach folten 2 Seillängen Mixedgelände, welche nicht so schön zu klettern waren. Dafür kam danach die 200 Meter hohe Fels-passage, welche beeindruckend startete. Adam kletterte die erste Länge. Danach folgte ein senkrechter, vielleich sogar leicht überhängender Riss, in dem in 1,5Meter-Abständen Schlaghaken steckten. Ohne Eisgeräte und frei wäre es sicher nicht/schwerst kletterbar. Mit den Eisgeräten ist es einfach, sich von einem zum nächsten Haken höher zu arbeiten. Wenn kein Haken steckte, ließ sich das Eisgerät oft super im Riss verklemmen. Nur selten mußten wir Friends / Klemmkeile legen.

An einem Punkt angelangt, war jedoch die Linie vorbei. Die logische Linie wäre an einem Riss verlaufen, der ca. 10cm breit (daher schlecht mit unseren Friends abzusichern, da wenig grosse dabei) und ohne jegliche Haken / Begehungsspuren war. Laut Topo sollten die Schwierigkeiten Haupt-schwierigkeiten vorbei sein und nun Fels im vierten Grad folgen. Weiter links versuchte Adam dann in brüchigen, verschneiten und schlecht abzusichernden Gelände Höhe zu gewinnen. Nach langer, gefährlicher Arbeit entschied er sich umzudrehen. Die einzige Möglichkeit, die wir sahen, höher zu kommen, lag im Weg von Adam - dieser Weg war jedoch zu gefährlich. Wir entschieden uns abzuseilen.
Das Seil vom ersten Abseiler abzuziehen war keine Freude - überall waren Schuppen, an welchen sich das Seil verhängen hätte können. Im Fels an Haken, im Eis an Abalacovs (Eissanduhren) seilten wir ohne Problem die bereits gekletterten ca. 500 Höhenmeter nach unten zum Einstieg.

Keine Lust mehr, im Zelt auf dem Gletscher zu übernachten, entschlossen wir, auf zum "Mer de Glace" abzusteigen (1600 Meter Meereshöhe). Von dort geht ja dann ein Lift auf der anderen Seite rauf zu einem Zug, der nach Chamonix fährt.
Die Sonne brannte so stark runter, dass der Schnee Hüfttief matschig war. Vor dem "Mer de Glace" ist nach eine Abbruchkante, welche man super an einem Klettersteig runter kommt - wenn man diesen findet - welchen wir aber nicht gefunden haben. Frustriert entschieden wir uns durch den steilen Wald runter zu kommen. Die letzten 100Höhenmeter vom Gletscher entfernt sog sich ein Schotterband entlang, welches auf den letzten Metern nicht mehr abzuklettern gewesen wäre -> Gurt anlegen, Seil auspacken; wir waren gezwungen, an einem Strauch die letzten Paar Meter zum ewigen Eis abzuseilen.

Übers "Mer de Glace" - zum Lift. Natürlich war es jetzt schon zu spät, dass kein Lift und auch kein Zug mehr ging. Anstelle des Liftes, kletterten wir den daneben liegenden Klettersteig rauf. Bei der Zugstation steht ein Restaurant mit Hotel - geschlossen - keine Leute, kein Wasser. -> Nochmals Zelt aufbauen +übernachten um am nächsten Morgen mit dem ersten Zug um 9:00 nach Chamonix zu fahren. Natürlich hätten wir auch die 2,5 - 3 Stunden runterlaufen können, was uns doch etwas zu anstrengend erschien ;-) (Wasser konnten wir von einer Dachrinne beziehen).

4. Tag: 08:00 morgens. Aufstehen, um um 9:00 gemütlich mit dem Zug nach Chamonix zu fahren. Da der nächste Bus erst 1,5 Stunden später gegangen wäre, stoppten wir zum Auto...


War sicher ein grosses Abenteuer; für meinen Geschmack jedoch zu viel Latscherei mit zu schwerem Rucksack. Ich hoffe herauszufinden, wo die Kletterei weitergegangen wäre.

Tip für Wiederholer / Interessierte:
Bahn von Argentier auf 3300Meter kostet 28Euro. Man kann könnte später rauf fahren und so event. eine benützte Karte von Skifahrern günstig abkaufen. Die letzte Bahn fährt um ca. 17:00. Die angegebene Zeit von 16:00 gilt nur für Skifahrer. Der letzte Zug vom "Mer de Glace" fährt um ca. 17:30; der erste um 9:00; Kosten: 11Euro.

Galerie:

Leider wurden die Batterien + Ersatzbatterien bereits vor Route fertig, so dass ich nur Bilder bis dahin zeigen kann...